Gefährlicher Kurzschluss im PCB

Prüfung auf Einhaltung der Design-Regeln

Unter CAF (Conductive Anodic Filament) versteht man Kurzschlüsse zwischen Gleichstromnetzen auf der Leiterplatte, die erst durch Alterung auftreten. Die Potenzialunterschiede ermöglichen durch Elektrolyse die langsame Ablagerung von Kupfersalzen in den FR-4 Isolationslagen, die nach Jahren so den Isolationswert verringern, dass es zu gefährlichen Durchschlägen kommt. Die unterschiedlichen Parameter, die einen Einfluss auf die CAF-Wahrscheinlichkeit haben, können in Design-Regeln zusammengefasst und als Design Rule Check geprüft werden. Dabei werden alle Gleichstromnetze eines Designs abhängig von der Glasgewebestruktur und Spannungsklasse analysiert.

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Dauerhaft anliegende hohe Gleichspannungen bei Versorgungspotenzialen erzeugen statische elektrische Felder auch im Isolationsmaterial innerhalb der Leiterplatte aus FR4-Material. Die elektrischen Felder verursachen eine Kupfer-Ionen-Migration in das Isolationsmaterial hinein. Die im Verlauf der Alterung entstehenden Ablagerungen können zu gefährlichen Durchschlägen durch die Isolationsschicht führen, wenn diese existierende Gefährdung beim Entwickler unbedacht bleibt.

Verschiedene Faktoren haben Einfluss darauf, wie stark es zu chemischen Prozessen der Ionen-Migration kommt. Aus der Summe der Faktoren kann eine Ausfallwahrscheinlichkeit vorhergesagt und so sichere Mindestabstände zwischen den Gleichspannungspotenzialen vorgegeben werden. Der als Ausfallmechanismus im Isolationsmaterial bezeichnete Effekt CAF (deutsch: leitender Glühfaden an Anoden) wurde erstmals 1970 von den Bell Laboratories beschrieben.

CAF bekommt seit einigen Jahren wieder mehr Beachtung. Leiterplatten werden miniaturisiert und es kommt zu einer Erhöhung der Schaltungsdichte und engeren Platzierungen im Bereich der geforderten Sicherheitsabstände bei höheren Spannungen. Die Wertschöpfung von Geräten aller Art wird durch elektronische Baugruppen erreicht, was dazu führt, dass Elektronik auch vermehrt unter extremen Umweltbedingungen und hoher Luftfeuchte verwendet wird. Die Einführung von bleifreien Lötprozessen führen zu größeren thermischen Belastungen des Basismaterials bei der Bestückung, was die CAF-Wahrscheinlichkeit erhöht. CAF ist ein sicherheitsrelevanter Aspekt, der heute verstärkt im Bereich Automotive und der Antriebstechnik Beachtung findet.

Physikalisch-chemischer Hintergrund der Gefährdung

Das Isolationsmaterial FR-4 innerhalb einer Leiterplatte besteht aus einer Glasgewebestruktur, in der viele feine Glasfasern als Bündel/Strang miteinander verwoben werden. Das Glasgewebe wird anschließend mit Kunstharz getränkt. Durch Temperaturschwankungen nimmt das FR-4 über die Zeit auch Feuchtigkeit aus der Umgebung auf. Wenn der interne pH-Wert des Isolators sauer ist (pH<7), kommt es zwischen zwei elektrischen Potenzialen (von der Anode zur Kathode) im FR-4-Basismaterial der Leiterplatte zu einer Elektrolyse. Bei der Elektrolyse lagern sich in einem Korrosionsprozess Salze aus Kupfer-Ionen entlang des elektrischen Feldes und entlang der Glasfasern im FR-4 ab. Diese Ablagerungen verkürzen den Isolationsabstand zwischen den beiden elektrisch leitenden Elementen / Elektroden. Wenn dann der Abstand zu klein ist, kommt es zu gefährlichen Durchschlägen im Isolationsmaterial, die zur Bauteilzerstörung und zu Bränden führen können.

Es sollte normalerweise nicht möglich sein, dass sich die Kupfer-Salze im FR-4 ablagern, weil das Glasgewebe mit dem Harz verklebt ist. Aber es passiert immer wieder, dass diese Klebestellen zwischen Glas und gehärtetem Harz aufbrechen. An diesen Bruchstellen entstehen winzige Kapillare, in denen aus der Luftfeuchtigkeit aufgenommenes Wasser kondensiert. Zu solchen Kapillaren entlang der Glasfasern (Pathways) kommt es durch verschiedene Arten der Beanspruchung: Die häufigste mögliche Beanspruchung ist, dass beim Bohren von Löchern für Durchkontaktierungen die Glasfasern vom Bohrer durchtrennt werden und sich die Enden der Glasfasern durch Vibration im Bohrloch vom Harz lösen.

Eine andere Beanspruchung ist, wenn ein Bogen FR-4 bei der Leiterplattenproduktion unsachgemäß verarbeitet wird und sich durch Biegen das Harz von den Glasfasern ablöst. Beim Verpressen der einzelnen Lagen zu einer Multi-Layer-Leiterplatte drücken sich Leiterbahnen auf Innenlagen in das Harz der benachbarten Isolationsschichten und reißen lokal die Glasfasern vom Harz ab. Es kommt auch vor, dass bei der Produktion des Basismaterials die Glasfasern nicht perfekt mit Haftmittel / Härter benetzt wurden, bevor das Gewebe durch das Harz-Becken geleitet wird, dann haftet das Harz an diesen Stellen nicht am Gewebe. Aber auch durch thermische Beanspruchung, besonders beim bleifreien Lötprozess mit hohen Temperaturen lösen sich die Glas-Harz-Verbindungen.

CAF tritt zwischen Gleichstrom-Potenzialen innerhalb von Leiterplatten auf. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass CAF auftreten kann ist abhängig von einer Kombination von verschiedenen negativen Einflüssen. Zusätzlich zu der genannten mechanischen Beanspruchung gibt es noch weitere Einflussfaktoren für CAF. Die Gewichtung des Einflusses der einzelnen Faktoren für das Auftreten von CAF ist in Bild 2 dargestellt. Der größte Faktor ist der Abstand zwischen zwei elektrischen Elementen (z.B. Abstand zwischen zwei Bohrloch-Außenwänden), an denen ein Potenzialunterschied (DC) auf einer Innenlage anliegt. Der zweitgrößte Einfluss ist die Größe des Potenzialunterschieds selbst.

Einfluss auf CAF
Bild 2: Gewichteter Einfluss auf CAF bei FR4-Leiterplatten

Dann wird das Material des Härters für das FR-4 unterschieden (Dicy Cured oder Non Dicy Cured). Die Verarbeitungsqualität je Hersteller bei der Handhabung der Laminate vor der Verpressung hat ebenfalls einen Einfluss. Da die Korrosion an der Anode stattfindet ist die Richtung der Salzablagerung von Bedeutung. Die Anordnung der Durchkontaktierungen (orthogonal oder versetzt / staggert) beeinflusst, wie häufig der gleiche Glasfaserstrang angebohrt wird. Ein weiterer Unterschied ist der Durchmesser der Glasfasern in einem Strang. Feine Strukturen führen zu mehr CAF-Problemen.


Es gibt keine allgemeingültigen Berechnungsformeln für CAF

Weniger Einfluss haben Parameter wie bleifreies oder verbleites Löten, Basismaterial, veredelte Oberflächen, die Bohrgeschwindigkeit, Tg-Wert (höhere Glasumwandlungstemperatur durch mineralische Füllstoffe im Harz) und ob eine Bohrung ein Pad hat oder nicht.

Die Kombination aus allen Einflüssen ergibt die Werte für die Mindestabstände. Da die Faktoren bei vielen Anwendungen sehr unterschiedlich sind, werden die Werte bisher von den Kunden in Zusammenarbeit mit den Lieferanten für Basismaterialen in Versuchsreihen empirisch ermittelt. Es gibt bisher noch keine Norm oder allgemeingültige Berechnungsformeln. Daher muss eine DRC-Prüfung auf die kundenspezifische Anwendung angepasst werden.

So entsteht ein Pathway: drei Fälle, die zu CAF führen

Bei CAF wird zwischen mehreren Fällen unterschieden, wie es zu dem Ausfallmechanismus CAF kommt. Die Häufigkeit des Auftretens ermittelt sich aus der Wahrscheinlichkeit von unterschiedlichen Fehlern. Der häufigste Fall 1 (Bild 3) tritt zwischen den Außenwänden von zwei Bohrungen auf. An den Bohrungsaussenwänden werden während des Bohrens die Glasfasern aufgetrennt und mechanisch beansprucht. Es entstehen an Bohraußenwänden häufig kleine kurze Kapillaren, die später nach dem Galvanisieren mit Kupfer ausgefüllt sind. Diese galvanisierten Kapillaren haben eine hohe Feldstärke und eignen sich deshalb gut als Startpunkt für die Ablagerung der Kupfer-Salze. Der Pathway bildet sich dann entlang eines Glasfaserstrangs aus.

Was führt zu CAF
Bild 3: Drei Arten, die zur Bildung von CAF führen

Der zweite Fall ist ein Pathway von einer Bohrungsaußenwand zu einer innen liegenden Leiterbahn oder Kupferfläche. Durch das Verpressen wird die Leiterbahn so weit in das Harz gedrückt, dass es an das Glasgewebe der benachbarten FR-4 Lage stößt und hier das Gewebe vom Harz löst.

Der dritte Fall wäre ein Pathway von einer innenliegenden Bohrung von unten an eine Leiterbahn auf einer Außenlage. Zu solchen Fällen kommt es aber nur bei zu dünnem Harzauftrag auf dem Glasgewebe.

Design-Regeln definieren die nötigen Mindestabstände

CAF tritt also unter gewissen Umständen im PCB auf und es lassen sich dafür Wahrscheinlichkeiten errechnen. Da es aber zu viele Parameter in dieser Berechnung gibt, werden Designregeln empirisch durch Versuche mit beschleunigter Alterung ermittelt. Ob eine einzelne Leiterplatte Pathways enthält, lässt sich nicht prüfen, weder durch Röntgen, Durchleuchten oder andere Verfahren. Daher müssen im eCAD-Design die vorgesehenen Mindestabstände zwischen elektrisch leitenden Elementen eingehalten werden.

Pathways
Bild 4: Pathways entlang des orthogonalen Glasgewebes

Diese Abstände sind abhängig von den Gleichstromspannungen der einzelnen Netze und den Strukturen des Glasgewebes im FR-4. Ungeeignet sind Verifikationen mit einem klassischen Metall-to-Metall-Check in einer CAM-Software ebenso wie manuelles Ausmessen der lagenabhängigen Abstände. Die Werte für die Mindestabstände sind vom verwendeten FR-4-Basismaterial abhängig. Feinere Strukturen mit vielen einzelnen Glasfasern in einem Gewebestrang sind am schlechtesten für CAF und erfordern die größten Abstände im Design. Zur Übersichtlichkeit wird eine Einteilung in drei Klassen für die Strukturen gewählt: fein (106, 1080), mittel (2116, 3133, 2157) und grob (7628). Die Werte in Klammern geben die gängigen FR-4-Typenbezeichnungen an. Die Einteilung kann beliebig erweitert werden und das Tool ordnet die Klassen den Lagen zu, entsprechend der Materialbeschreibung im Lagenaufbau.

Auch die Spannungen werden sinnvollerweise in Klassen eingeteilt. Hier hat sich die Einteilung in die Bereiche >10 V, >50 V, >100 V und >300 V als häufig verwendete Einteilung bewährt. Über eine Tabelle lassen sich nun Mindestabstände definieren in Abhängigkeit von Gewebestruktur und Spannungsklasse (Bild 5). Die Tabelleneinträge können gespeichert und je nach Projekt erneut geladen werden. Hinweis: Das FloWare-Modul CAF-DRC ist auf Wunsch und Spezifikation von Anwendern aus Deutschland innerhalb von wenigen Tagen entstanden. Verfügbar ist das Modul bei FlowCAD oder im App-Store auf dem OrCAD Marketplace.

DRC-Matrix
Bild 5: DRC-Matrix u.a. für Spannungsklasse

Das CAF-DRC-FloWare-Modul von FlowCAD (Bild 1) kann nun in der eCAD-Software OrCAD bzw. Allegro alle Gleichstromnetze untersuchen und entsprechend der Potenzialdifferenz zwischen zwei Netzen den Abstand mit dem Tabellenwert vergleichen und ggf. einen DRC-Fehler auslösen.

Um die HF-Zuleitungen zu den Antennen vor externen Störeinflüssen zu schützen, können die Leitungen durch Ground-Flächen mit Shielding-Vias abgeschirmt werden. Der Abstand der Durchkontaktierungen zur Schirmung sollte ʎ/6 betragen, also einem Sechstel der verwendeten Wellenlänge. Nach dem Selektieren der HF-Leitung lässt sich das Muster der Durchkontaktierungen automatisch generieren. Bei der Extraktion und 3D-Simulation wird die Schirmung berücksichtigt.

Die Prüfung kann nur orthogonal, also entlang eines Gewebestrangs oder als Manhattan-Distanz-Prüfung basierend auf einem Geweberaster von z.B. 450 μm erfolgen, da Pathways nur in oder entlang eines Glasfaserstrangs entstehen können (Bild 4). Es treten also keine diagonalen Strecken für Pathways auf. Über einen Schalter in der Design-Software kann der Anwender entscheiden, ob nur Bohrungsaußenwand zu Bohrungsaußenwand oder auch Bohrungsaußenwand zu anderen Kupferelementen / Leiterbahnen geprüft werden soll.

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